Meja Mwangi berichtet aus dem "Happy Valley" Rezensiert von Birgit Koß
Der kenianische Autor Meja Mwangi beschreibt in seinem neuen Roman "Happy Valley" traditionelle Strukturen, die in irgendeinem afrikanischen Dorf so sein könnten. Es ist die Geschichte von Toma Tomei, der im afrikanischen Busch lebt und dessen Frau nach neun Töchtern endlich einen Sohn zur Welt bringt - ein Baby mit grünen Augen und weißer Haut!
Wie schön, dass der kenianische Schriftsteller Meja Mwangi, ein Wanderer zwischen den Welten, uns - die Bewohner der "Anderwelt" - mitnehmen kann nach "Happy Valley". Dort hat die Tradition noch ihren Wert und die Moderne zeigt sich, wenn überhaupt, höchst unvollkommen. So hat das kleine Busch-Krankenhaus zwar ein Telefon, allerdings keine Telefonleitung.
Doch wo andere sich aufregen oder das nutzlos Gerät entsorgen würden, da nutzten es die Krankenschwestern von Happy Valley auf ihre Art. Bei besonders hartnäckigen und uneinsichtigen Patienten greifen sie zum Hörer und führen so lange "Gespräche" mit angeblichen Koryphäen in Nairobi, bis der Patient völlig entkräftet sich dem Diktat der Schwestern beugt.
Toma Tomei aus Happy Valley hat gute Chance als Nachfolger seines Vaters "Chief" des Clans zu werden. Allerdings benötigt er dazu einen Sohn. Seine Frau Grace hat ihm bisher neun Töchter geboren. Als sie nun ihr zehntes Kind im Busch-Krankenhaus entbinden soll, fällt der alte Generator endgültig aus. Die Geburt vollzieht sich in völliger Finsternis und am anderen Morgen wird dem aufgeregten Toma Tomei zwar ein Junge in den Arm gelegt - doch die erwartetet Freude bleibt aus. Das neue Baby hat grüne Augen und ist weiß!
Keine Erklärung ist zufriedenstellend und so zieht der unglückliche Vater den Hexer Muti zu Rate, der auch schon vorher beauftragt war, sich für die Geburt eines Sohnes einzusetzen. Diverse Rituale werden durchgeführt und Opfergaben gebracht - doch das Kind bleibt wie es ist.
Während Toma Tomei besessen davon ist, endlich einen Sohn vorzuzeigen, der ihm ähnlich ist und sein Widersacher Old Noah zu gleichen Zeit mit Hilfe des Hexers Muti gegen das Kind opponiert, hat die Mutter Grace alle Hände voll zu tun, Unglück von dem Jungen mit den Leopardenaugen abzuwenden.
Während noch ganz Happy Valley über die merkwürdigen Ereignisse staunt, ahnt der Leser aus der "Anderwelt" schon die Erklärung. In der Nacht der Finsternis hat auch eine Fremde im Busch-Krankenhaus ein Kind geboren.
Doch wie sich die Verwechselung schließlich auflöst, welche Rolle der katholische Priester im Dorf dabei spielt und wieso die Frauen letztendlich alles fest im Griff haben, das soll hier nicht verraten werden.
Meja Mwangi beschreibt traditionelle Strukturen, die in irgendeinem afrikanischen Dorf so sein könnten, sehr einfühlsam, detailliert und dabei mit soviel Humor, dass sein neues Buch ein reines Lesevergnügen ist und zum Schluss so spannend wird, dass man es nicht mehr aus der Hand legen kann - bis zum glücklichen Ende. Schließlich ist der Titel "Happy Valley" Programm.
Der Autor wurde 1948 in Nanuyuki in Kenia geboren. Er arbeitet in Kenia, Europa und auch in Westafrika und hat als freier Schriftsteller und Drehbuchautor diverse Auszeichnungen erhalten, unter anderem den deutschen Jugendliteraturpreis.
Happy Valley, Meja Mwangi. Aus dem Englischen von Thomas Brückner. Roman. Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2006, 151 Seiten
Ein liebevoller fröhlicher Roman
Als Grace ihr zehntes Kind auf die Welt bringt, fällt im kleinen ostafrikanischen Krankenhaus die Elektrizitätsversorgung aus. Oberschwester Nacht gelingt es trotzdem, die Geburt glücklich zu beenden, und Grace ist äusserst zufrieden, da das Baby ein Junge ist. Der erste Junge, den ihr grantiger Mann Toma dringend benötigt, weil er Chief seines Clans werden will. Und dies ist erst nach der Zeugung eines männlichen Nachkommens möglich. Allerdings hat das Neugeborene einen optischen Haken: Es ist weiss und hat grüne Augen. Dies ist ein Affront, wenn auch nicht klar, aus welcher Richtung: Ist Hexerei im Spiel, oder war Grace gar untreu? Und was wäre schlimmer?
Meja Mwangi schuf mit "Happy Valley" einen liebevollen, fröhlichen Roman, voller trockenen Humors. Er verpackt die alltägliche afrikanische Tragik gekonnt in Nebensätze; erst einige Sekunden später erreicht den Lesenden das Entsetzen, wenn er realisiert, was er da vernommen hat: Der einzige Arzt des Krankenhauses hat sich vor Jahren davongeschlichen und dabei die Solaranlage mitgehen lassen. Und das einzige Telefon des Krankenhauses ist nicht verbunden - die Leitungen hören nach der Gebärstation einfach auf und hängen ins grosse Nichts. Trotzdem telefonieren Oberschwester Tag und Oberschwester Nacht mit nicht vorhandenen Ärzten in Nairobi, wenn ein Patient grosse Schmerzen erleidet und sie nicht mehr weiterwissen. Offenbar ist der Placebo-Effekt in Afrika noch wirkungsvoller als im konsumüberladenen Europa.
Den Druck des Klans, den Mann-Frau-Konflikt, die Schwierigkeit der Geschlechter, sich im heutigen afrikanischen Alltag zu positionieren, beschreibt Meja Mwangi unterhaltend, mit Feingefühl, leichter Ironie doch einem spürbaren Respekt vor den Traditionen seiner Heimat. Seine Hauptfiguren sind die wohl echten Heldinnen des afrikanischen Alltags: Die Frauen, die selbst heute noch Unglaubliches leisten müssen; dies auch tun - und zwar lächelnd.
Bea Berczelly
Rezensionen:
Meja Mwangi beschreibt traditionelle Strukturen, die in irgendeinem afrikanischen Dorf so sein könnten, sehr einfühlsam, detailliert und dabei mit soviel Humor, dass sein neues Buch ein reines Lesevergnügen ist und zum Schluss so spannend wird, dass man es nicht mehr aus der Hand legen kann - bis zum glücklichen Ende. Schließlich ist der Titel "Happy Valley" Programm. - Birgit Koss, dradio.de
Ein Dank an den Autor für seine Schreibe - und insbesondere auch an den Peter Hammer Verlag. Denn es gehört in der heutigen Zeit Mut dazu, den Kurs zu halten und gute (und wichtige) Bücher auf den Markt zu bringen. Das ist leider nicht mehr selbstverständlich.Und Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser empfehle ich nur eines: Kaufen, lesen .... Sie werden begeistert sein. - Uli Klinger, Neue Rheinische Zeitung
Meja Mwangi erzählt seine Geschichte mit feiner Ironie. Im Kern geht es um den endlosen Kampf zwischen Männern und Frauen. Um den Machtanspruch der Männer - über die Frauen, über die Kinder, über das Leben. Eine sehr passende Art, diese unendliche Geschichte in einem Roman zu behandeln, ist humorvolle Lockerheit. Genau die Art, mit der Menschen in Afrika täglich aufs Neue die Zumutungen des Lebens bewältigen. - Gaby Mayr, Deutschlandfunk